Ludwigstrasse Mainz – Provinzposse im Zeichen des Klimawandels – städteplanerischer Super-GAU

wer grün will, muss links wählen

Wenn in Mainz städtebaulich geplant wird, bekommen die Bürger*innen Angst. Zu Recht, wie ein Blick auf Bausünden der Vergangenheit und die aktuellen Beschlüsse der Stadtrats-Ausschüsse zeigt, die von den Mehrheits-Grünen, Mehrheits-SPD, CDU und FDP unterstützt werden. An der Ludwigsstraße soll eine Shoppingmall mit Hotel gebaut werden. Die Ampel, die sich für den Stadtrat abzeichnet, verheisst deshalb sozial und ökologisch nichts Gutes. Interessen der Allgemeinheit gehen über Bord. Die einen nennen es „städtebauliche Grundkonzeption“, wir nennen es Kapitulation vor Investoreninteressen und eine ästhetische Zumutung – einen Fall von nahezu kollektiver Politikverweigerung. Vor allem die Grünen versagen in ihrem selbstgewählten Paradefach Klimaschutz und in ihrem Wahlversprechen, keine öffentlichen Flächen zu privatisieren. Damit steht fest: Für den sozialökologischen Umbau in Mainz sind sie keine Option. Und so lange sie sich nicht eindeutig anders positioniert, gilt das auch für ihre OB-Kandidatin.

Ich habe in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse darauf hingewiesen: Was Mainz braucht sind Wohnungen und Maßnahmen, die dem Klimawandel und der Überhitzung der Innenstädte entgegen wirken. Was die Verwaltung vorschlägt und die Ampel plus CDU mehrheitlich nachbetet ist: öffentliche Flächen privatisieren, mehr PKW-Verkehr in der Innenstadt, Nachverdichtung, ohne dass Wohnungen entstehen, warme Abluft fürs Viertel und ein windiges Nutzungskonzept, dass sich an pseudo-hippen Nullinhalts-Vokabeln verhebt, statt eine konkrete Bedarfsanalyse vorzulegen. Aber der Reihe nach:

  1. Wirtschaft: Wer damit argumentiert, dass die Schaffung einer Mall den wirtschaftlichen Interessen der Stadt Mainz oder deren Einwohner*innen dient, muss konkrete Zahlen liefern. Die gibt’s aber nicht oder sie bleiben unter Verschluss. Was man hört: Der Investor plant einen „City-Hub“ – also eine Abholstelle für Internetbestellungen. Wie und in welchem Umfang das dem Mainzer Einzelhandel zu Gute kommen soll, bleibt das Geheimnis von Grosse, Ebling und Investor. Im Übrigen steht zu befürchten, dass es eine Primark-Filiale, einen Applestore, irgendwelche Fastfoodfilialen und (hört, hört!) ein Dachrestaurant geben wird. Konzepte die so wohl schon in Hünxe, Pirmasens und Buxtehude nichts zur Belebung der Innenstädte beigetragen haben dürften. Und es soll auch noch eine Pop-Up-Halle geben. Klingt modern, heisst aber vermutlich soviel wie, dass man damit rechnet, dass sich die angesiedelten Geschäfte nicht dauerhaft halten werden. Aus Unternehmer*innensicht: schneller Gewinn und weiter oder Pleite. Und soviel dann auch zum Thema Arbeitsplätze – ein Pop-Up-Arbeitgeber kann keine langfristigen Jobs garantieren. (Aber selbst langfristig Angestellte von Kaufhausketten werden mainzer Mieten nicht bezahlen können.) Weiter ist zu erwarten, dass – je nachdem welche Geschäfte sich tatsächlich ansiedeln – Verlagerungseffekte eintreten, die sich negativ auf den vorhandenen Eimzelhandel in Mainz auswirken. Wirtschaftlich nachhaltige Stadtentwicklung geht anders. Zwar wird immer wieder erwähnt, dass Mainz mit dem EKZ konkurrenzfähiger mit anderen Einkaufsstädten wird – aber das erscheint nicht faktenbasiert. Ernsthaft kann man nicht davon ausgehen, dass irgend jemand, der*die heute das hochpreisigere und differenziertere Angebot in Frankfurt nutzt, auf einmal nach Mainz zum Shoppen kommt.
  2. Verkehr: Das Konzept „City-Hub“ – also Internet-Bestellungen vor Ort abholen – zielt darauf ab, Menschen mit PKW in die Stadt zu locken. Auch ein Hotel funktioniert nur, wenn An- und Abreise gesichert sind. Andere Städte versuchen den Autoverkehr draußen zu halten. Mainz lädt zu mehr Verkehr ein. (Und dann wird wider gejammert, wenn die DUH klagt…)
  3. Klimaschutz: Nach der Hitzewelle im Sommer 2019 waren sich alle einig, dass wir etwas tun müssen. Oder doch nicht: Das städtebauliche Konzept sieht einen großen Kasten vor, der nur klimatisiert funktionieren wird. Also 365 Tage angenehmes Klima drinnen, draussen im Sommer Hitze durch warme Abluft, im Winter Abgase von fossilen Brennstoffen. Zwar ist richtig, dass fast alles energetisch besser sein dürfte als der bisherige Bestand. Aber besser ist noch lange nicht gut.
  4. Privatisierung: Der Investor braucht öffentliche Fläche. Die wird ihm nun gegeben. Die Verwaltung nimmt Anregungen von Volt zum Thema Austauschflächen dankend entgegen und bittet um Vertrauen. Der Mann von Volt muss neu in Mainz sein. Klar ist: An Fastnacht und zur Johannisnacht wird es in zentraler Lage weniger Platz geben, der von allen Mainzer*innen genutzt werden kann.
  5. Wohnungen: Mainz braucht Wohnungen. Klar – man kann nicht alles mit Wohnhäusern zutackern. Aber noch weniger mit Einkaufszentren. Wenn schon nachverdichtet wird, dann doch bitte zum Wohnen.

Das von der Verwaltung vorgelegte Konzept tut so, als wäre die Verdrängung aus der Innenstadt und vor allem der Klimawandel Fake News. Die Wissenschaft sagt aber: Es wird noch wärmer. Statt nun auf einem wichtigen Areal in Innenstadtlage Pfähle einzurammen, beschränken sich die Mehrheits-Fraktionen im Stadtrat darauf, eine 60er-Jahre-Konzeption in modernerem Anstrich zu präsentieren.

Das ist zu wenig und wird uns allen noch zu schaffen machen. Wir brauchen eine klare Analyse der Situation, Mut und Kreativität – in Mainz ist das bisher nicht zu erwarten.