Der Mord an der vierzehnjährigen Suzanna beschäftigt die Öffentlichkeit in Mainz und ganz Deutschland. Das ist gut und richtig. Völlig verfehlt ist aber, wie die Prioritäten in der öffentlichen Diskussion dabei durcheinandergeraten.
Ganz oben muss die Empathie mit Susanna und ihrer Familie stehen.
Danach kommt erstmal lange nichts.
Und dann die Feststellung, dass Mord und Vergewaltigung Katastrophen sind, die in einer zivilisierten Gesellschaft keinen Platz haben. Dass sie Vorkommen, zeigt, dass es noch ein weiter Weg ist, den wir gehen müssen – weltweit. Wer im vorliegenden Fall einen Zusammenhang zwischen Nationalität und Tat herstellen möchte, hat den Schuss nicht gehört: Vergewaltigungen gibt es auch in Deutschland, wohl überwiegend durch deutsche Täter.
Der Tat ist – auch bei ausländischen Tätern – mit dem deutschen Strafrecht zu begegnen. Das sieht die Strafprozeßordnung so vor und das ist gut, gerecht und ausreichend. Härteres Durchgreifen bei Delikten der sexualisierten Gewalt zu fordern, ist legitim. Allerdings auf dem Gebiet des Strafrechts, nicht im Bereich des Aufenthaltsrecht.
Die Ursachen für Vergewaltigungen sind vielschichtig. Sie liegen aber mit Sicherheit nicht darin, dass 2015 die Grenzen für Flüchtlinge nicht zugemacht wurden. Hier werden Symptom und Ursache teilweise bewusst durcheinander gebracht.
Es gibt im Fall von Susanna drängende Fragen:
- Wieso wurde die Vergewaltigung des elfjährigen Mädchens in der Flüchtlingsunterkunft nicht aufgeklärt, das angegeben hat, im März 2018 von einem Ali vergewaltigt worden zu sein?
- Hätte dies die Tat an Susanna verhindern können?
- Ist die Polizei den Appellen der Mutter von Susanna ausreichend nachgekommen?
- Wieso ist die Ausreise mit gefälschten Laisser-Passez-Papieren offensichtlich ohne größere Probleme möglich?
Dies sind aber allesamt keine Fragen des Asyl- oder Aufenthaltsrechts, sondern der Strafverfolgung und der Rechtsdurchsetzung – unabhängig von der Nationalität der Verdächtigen.
Susannas Schicksal ist nicht dazu geeignet, die Debatte über die Aufnahme und Abschiebung von Flüchtlingen anzuheizen. Das ist intellektuell falsch und politisch ekelerregend. Die notwendige Debatte muss vielmehr um die Frage der Prävention und des strafrechtlichen Schutzes vor sexualisierter Gewalt geführt werden – egal ob die Täter Ausländer sind oder Deutsche. Und unabhängig davon, ob ein Opfer Flüchtling ist doer Deutsche.
Wer den Aufenthaltsstatus oder die Nationalität des Täters in den Vordergrund der notwendigen politischen Debatte stellt, macht Susanna erneut zum Opfer. Ihr dürfte es egal gewesen sein, welchen Pass ihr Mörder hatte.
Deshalb muss der Instrumentalisierung des Mordes für rechte Hetze klar und entschieden entgegengetreten werden – in Mainz und überall.