Wahlplakate nerven: Warum politische Werbung auf unseren Straßen reformiert werden muss

Nachdem die Kommunalwahlen jetzt rum sind, kann man es ja mal sagen: Wahlwerbung nervt. Zumindest in dem Punkt Werbung.

Natürlich ist es wichtig, dass alle wählen gehen, und zwar das Richtige. Was das jeweils ist, mag variieren. Und deshalb ist es natürlich notwendig, sich informieren zu können. Aber: Wie viel Informationsgehalt haben plakatierte Slogans wie „Für Dich, für Mainz“ oder „Mainz auf die Eins“? Oder noch besser: Gleich nur ein Gesicht ohne irgendwelchen Inhalt.

Und dann natürlich alle nach denselben Regeln: freundlich schauen, ordentlich frisiert, irgendwelche nichtssagenden bis biederen Klamotten. Und ganz viel Photoshop!

Weniger Plakate, gleiche Probleme: Unfaire Startbedingungen für kleine Parteien

Die Stadt hat betont, dass heute viel strengere Regeln gelten als früher. Früher war alles voller Plakate, schreibt die AZ: Wahlplakate an jedem Baum, an jeder Laterne. Das ist heute anders, heute gibt es Regeln.

Trotzdem: Als wir pünktlich zum Startschuss fürs legale Plakatieren unsere Poster aufhängen wollten, war schon alles belegt. Alles von der einen Partei. Nach der Wahl ist es auch fast egal, wer es war. Deshalb decke ich den Mantel des Schweigens darüber. Trotzdem ärgerlich, dass einige sich an die Regeln halten, andere nicht.

Was aber noch schlimmer ist: Dass die Photoshop-Visagen dann wochenlang das Stadtbild prägen und man auf einer Straße gefühlte 100 Mal demselben Gesicht begegnet. Das führt sogar bei lupenreinen Demokraten zu Anflügen von Politikverdrossenheit.

Materialschlacht statt Meinungsbildung: Der Preis der Sichtbarkeit

Und es ist eine Materialschlacht: Zwar scheint die Gleichung nicht ganz aufzugehen, dass, wer mehr Plakate hängt, auch mehr Stimmen bekommt, aber trotzdem geben sich die Parteien Mühe, sich gegenseitig mit Präsenz auf Werbeflächen im öffentlichen Raum zu überbieten.

Und sollte da auch noch ein bisschen was dran sein, wäre diese Art der Informationsverbreitung über politische Parteien wettbewerbsverzerrend. Denn eine kleine Partei muss nicht die weniger relevanten Ideen haben, nur weil sie weniger Geld für Plakate ausgeben kann. Die Plakate, im besten Fall Pappe, im schlechtesten Fall unverrottbarer Kunststoff, wandern teilweise noch am Wahlabend in die Tonne.

Vorschlag für ein faires Werbemodell: Mehr Gleichheit, weniger Müll

Wenn die Stadt schon Regeln zum Plakatieren aufstellt, warum dann nicht gleich richtig: Pro 1000 Einwohner gibt es 10 qm Werbefläche an zentralen Plätzen, die von den Parteien, die zur Wahl antreten, gleichberechtigt bespielt werden dürfen. Die Standorte werden mit der Wahlbenachrichtigung bekannt gegeben.

Dann sollen sich die Parteien entscheiden: Gesicht oder Inhalt. Weitere Werbung kann nach Bedarf im Internet eingesehen werden, das kann jede und jeder für sich entscheiden. Flyer lassen sich nicht verbieten, aber die belagern ja auch nicht den öffentlichen Raum. Für mich wäre das ausreichend. Ich habe erst mal genug von Grinsegesichtern an Laternen und Bäumen. Sogar von meinem eigenen.

Dieser Artikel erschien auch im Sensor Magazin in meiner Kolumne MalcherRECHT